Ernüchternd und ermutigend zugleich: Seminar zu “Globaler Impfsolidarität“

Es war das Mantra des ersten Lock­downs: Wir sind sol­i­darisch mit gefährde­ten Grup­pen der Gesellschaft und bleiben zuhause, um sie – und let­z­tendlich uns alle – vor dem Virus zu schützen. Ende 2020 kam zu dem Zuhause-bleiben das Sich-impfen-lassen als Akt der Sol­i­dar­ität hinzu. Die Impfverord­nung legt fest, dass neben den im Gesund­heitssek­tor Täti­gen die Alten zuerst an der Rei­he sind. Im Großen und Ganzen scheint er also zu funk­tion­ieren, dieser „neu ent­deck­te“ Sol­i­dar­itäts­gedanke – zumin­d­est inner­halb unser­er Lan­des­gren­zen. Als Sol­i­dar­ität­sju­gend woll­ten wir daher wis­sen: Wie sol­i­darisch sind wir beim The­ma Impfen mit dem Rest der Welt?

Um diese Frage zu klären, ver­anstal­teten wir am 24. März ein Sem­i­nar mit dem Titel „Impf­sol­i­dar­ität“. Als Experten kon­nten wir auf Empfehlung unseres Part­nerver­ban­des Naturfre­un­de­ju­gend Her­rn Dr. Andreas Wulf gewin­nen, Arzt und Experte für glob­ale Gesund­heit von „medico inter­na­tion­al“. Er hielt einen Vor­trag, in dem er unter­schiedliche Möglichkeit­en zur Beschle­u­ni­gung der weltweit­en Impf­stoff­pro­duk­tion und ‑ver­sorgung vorstellte. Dr. Wulf gab einen kurzen Überblick über das „COVID-19 Tech­nol­o­gy Access Pool (C‑TAP)“ und COVAX, zwei Ini­tia­tiv­en der World Health Orga­ni­za­tion (WHO), die zu ein­er schnelleren Impf­stof­fen­twick­lung, ‑pro­duk­tion und ‑verteilung führen sollen. Dabei nahm er auch Bezug auf die Auswirkun­gen des Patentschutzes durch die „Trade-Relat­ed Aspects of Intel­lec­tu­al Prop­er­ty Rights (TRIPS)“ der World Trade Orga­ni­za­tion (WTO) und die daraus resul­tierende Lim­i­tierung der poten­ziell zur Ver­fü­gung ste­hen­den Produktionsstätten.

Patentschutz vs. Gesundheitsschutz?

Dr. Wulf zeich­nete den Weg von den großen Ver­sprechun­gen europäis­ch­er Politiker*innen vom Früh­jahr 2020 zu der tat­säch­lichen Sit­u­a­tion ein Jahr später nach: Die COV­AX-Ini­tia­tive legt nicht wie ursprünglich gedacht einen verbindlichen Verteilmech­a­nis­mus fest, son­dern wurde von den wirtschaftlich mächti­gen Län­dern durch bilat­erale Abkom­men mit den Impf­stoffher­stellern erset­zt. Dadurch sind nur noch die wirtschaftlich schwächeren Län­der auf den Topf angewiesen. Resul­tat: In den USA sind schon 133 Mil­lio­nen Impf­dosen (Stand: 25. März 2021) verabre­icht wor­den, während in vie­len Län­dern des glob­alen Südens noch keine einzige Imp­fung stat­tfind­en kon­nte. Dies ist das Ergeb­nis unsol­i­darischen Ver­hal­tens. Dr. Wulf erläuterte ver­schiedene Möglichkeit­en, die Ungle­ich­heit zu been­den – im Wesentlichen die Möglichkeit ein­er Aus­set­zung bzw. Pausierung des Patentschutzes während der Pandemie.

Der Vor­trag war gut struk­turi­ert und bot einen umfassenden ersten Ein­druck über Möglichkeit­en zur effizien­teren Bekämp­fung der Coro­na-Pan­demie. Lei­der reicht­en die 1,5 Stun­den nicht aus, um die einzel­nen Vorschläge auch in Bezug auf deren Prak­tik­a­bil­ität zu disku­tieren. Die skizzierten Lösungsvorschläge bezo­gen sich auf die aktuelle Not­lage ohne mit­tel­fristige Kon­se­quen­zen zu berück­sichti­gen, was unter anderem auch dem engen Zeit­plan geschuldet war. Zum besseren Ver­ständ­nis der kom­plex­en Lage wür­den sich weit­ere Ver­anstal­tun­gen anbi­eten, in denen konkret und fak­ten­basiert auf die Vor- und Nachteile ver­schieden­er Lösungsan­sätze einge­gan­gen wer­den könnte.

Selb­st aktiv werden

Den­noch gab es auch in unserem Sem­i­nar die Möglichkeit, zumin­d­est einige Rück­fra­gen zu stellen und ein wenig zu disku­tieren. Am meis­ten beschäftigte uns die eine große Frage: Was kön­nen wir als Soli­ju­gend und Pri­vat­per­so­n­en tun, um unsere Jugendlichen und die unser­er inter­na­tionalen Part­neror­gan­i­sa­tio­nen zu unterstützen?

Let­z­tendlich ist es wichtig, unseren inter­na­tionalen Part­nern zu zeigen, dass wir da sind, mit ihnen im Dia­log zu bleiben und gemein­same Pro­jek­te zu pla­nen. Trotz der Sit­u­a­tion war es auch ermuti­gend und inspiri­erend zu sehen, wie engagiert sich medico mit Aktio­nen für eine gerechte Gesund­heitsver­sorgung einsetzt.

Text: Josephine Haq Khan und Niklas Pall­mann (Mit­glieder der Bundesjugendleitung)